Einladung zur Podiumsdiskussion am 30.01.2025: „Menschenrechte im Kontext planetarer Umweltkrisen“
Brauchen wir neben Menschenrechten auch Rechte für Tiere bzw. die Natur?
Die Menschheit steht vor den größten ökologischen Herausforderungen ihrer Geschichte. Vor dem Hintergrund von Klimawandel, Umweltverschmutzung und Artensterben stellt sich die Frage, wie Mensch, Tier und Natur künftig zusammenleben können. Antworten darauf sucht eine Tagung am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Forschende des „Center for Human Rights – CHREN“ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) diskutieren dabei in einer öffentlichen Podiumsdiskussion am 30. Januar, inwieweit das Menschenrechtssystem durch die planetaren Umweltkrisen herausgefordert wird – aber auch, welche Chancen die Menschenrechte zur Bearbeitung dieser Krisen eröffnen. Vier Expertinnen und Experten der FAU beantworten hier die wichtigsten Fragen.
Inwiefern sind die Umweltkrisen eine Herausforderung für die Menschenrechte?
Prof. Dr. Georg Glasze und Prof. Dr. Sandra Jasper, Institut für Geographie: Die Umweltkrisen betreffen den gesamten Planeten und können nicht nur innerhalb eines Landes oder einer Region gelöst werden. Dazu kommt die zeitliche Dimension: Umweltkrisen zeigen, dass unser Leben stark mit der Geschichte der Erde verbunden ist und dass wir auch an die Zukunft denken müssen. Die Menschenrechte, wie sie aktuell betrachtet werden, konzentrieren sich oft nur auf das Hier und Jetzt. Das macht es schwierig, richtig auf Umweltkrisen zu reagieren. Außerdem zeigen diese Krisen, dass menschliche Aktivitäten Prozesse verändern, die wir lange Zeit als „natürlich“ angesehen haben. Die Trennung zwischen Mensch und Umwelt ist also Teil des Problems. Wir müssen uns fragen, was wir in der Zukunft als „Natur“ schützen wollen. Gleichzeitig bietet das Menschenrechtssystem Möglichkeiten: Es ist ein anerkanntes System, das helfen kann, große Herausforderungen der Menschheit anzugehen.
Greifen die Menschenrechte mit ihrer Fokussierung auf den Menschen denn zu kurz, um Fragen von Umwelt und Natur zu adressieren?
Prof. Dr. Heiner Bielefeldt, Institut für Politikwissenschaften und CHREN: Die Umweltkrisen werfen nicht nur Fragen über den Schutz der Menschenrechte auf, sondern fordern auch eine Diskussion darüber, ob wir neben den Menschen auch anderen Wesen Rechte geben sollten. Kritiker/-innen beklagen, dass es ungerecht sei, nur den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen – also den „Speziesismus“, das Bevorzugen der menschlichen Spezies. In dieser Debatte ist es wichtig zu unterscheiden: Es gibt eine problematische Sicht, die nur menschliche Interessen berücksichtigt, und eine andere, die sagt, dass Menschen auch eine Verantwortung haben. Zwar darf der Fokus nicht nur auf menschlichen Interessen liegen, doch bleibt die Verantwortung zur Lösung der Klimakrise eine Aufgabe, die nur von Menschen getragen werden kann. Dieser Begriff der Verantwortung, der über rein menschliche Interessen hinausgeht, muss in der Menschenrechtsdiskussion wieder stärker betont werden.
Was sind Chancen und Probleme des Konzepts „Rechte der Natur“?
Prof. Dr. Dr. Patricia Wiater, Fachbereich Rechtswissenschaften und CHREN: Mit der Einführung von autonomen Rechten der Natur ist die Hoffnung verbunden, die Ausbeutung und industrielle Zerstörung natürlicher Ressourcen zu beenden, den Interessen der Natur Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen einzuräumen und einen wirksamen Schutz für Naturentitäten zu bieten, die keinen direkten Bezug zum Menschen haben, wie zum Beispiel unbewohnte Wälder – und deren Schutz vor diesem Hintergrund schwer einklagbar ist. Diese berechtigten Ziele stellen das menschenzentrierte Menschenrechtssystem, wie es zum Beispiel in Europa besteht, grundlegend in Frage. Auch wenn der Natur Rechte anerkannt werden, bedeutet das jedoch nicht automatisch, dass diese Rechte immer Vorrang haben, wenn es zu Konflikten kommt. Wir sollten nicht nur über die Einführung eigener Rechte der Natur diskutieren, sondern auch darüber nachdenken, wie eine ökologische und naturfreundliche Ausrichtung des Menschenrechtsschutzes gelingen könnte. Ein stärkerer Schutz der Natur kann nur funktionieren, wenn die Abhängigkeiten zwischen Mensch und Natur anerkannt werden. Das Wohlergehen und die Rechte des Menschen sind untrennbar mit dem Wohlergehen der natürlichen Ökosysteme verbunden.
Wie kann und soll das Menschenrechtssystem vor diesem Hintergrund weiterentwickelt werden?
Prof. Dr. Laura Clerico, CHREN und Fachbereich Rechtswissenschaften: Die Umweltkrisen betreffen alle Lebewesen auf unserem Planeten. Wir müssen die Verpflichtungen in Bezug auf Menschenrechte neu überdenken und die internationale Zusammenarbeit verbessern. Das ist eine gemeinsame Verantwortung, die jedoch unterschiedlich betrachtet werden muss, je nachdem, wer historisch und aktuell die Hauptverursacher und die Betroffenen der von Menschen verursachten Umweltkrisen sind und welche Möglichkeiten sie haben, mit diesen Krisen umzugehen. Das ist eine der Herausforderungen, die die Klimakrise für die Menschenrechte mit sich bringt. In diesem Sinne fragen wir, ob regionale Menschenrechtsgerichte den Herausforderungen der planetarischen Umweltkrise gewachsen sind.
Über den Termin
Über diese Fragen sprechen Expertinnen und Experten der FAU auch am Donnerstag, 30. Januar, 19.00 Uhr, bei einer Podiumsdiskussion im Germanischen Nationalmuseum, Kartäusergasse 1, Nürnberg. Der Eintritt ist frei.
https://www.geographie.nat.fau.de/podiumsdiskussion-menschenrechte-im-kontext-planetarer-umweltkrisen/
Die Podiumsdiskussion findet im Rahmen der Tagung „Neuen Konzeptualisierungen des Mensch-Tier-Verhältnisses“ am 30. und 31. Januar im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg statt. Kooperationspartner sind das „Center for Human Rights – CHREN“ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Individual Rights Initiative (IRI).
https://www.humanrights.fau.de/2025/01/14/tagung-wie-wollen-wir-zusammen-leben-neue-konzeptualisierungen-des-mensch-tier-natur-verhaeltnisses/
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Georg Glasze
Institut für Geographie
Lehrstuhl für Geographie (Kulturgeographie und Politische Geographie)
- Telefon: +49 9131 85-22012
- E-Mail: georg.glasze@fau.de