Neue Häuser aus ausgedienten Baustoffen: Beton-Recycling

Das Foto zeigt eine Betonfläche, durch die ein Riss geht. in diesem Riss steckt ein kleiner Ast mit fünf Blättern.
Aus altem Zement kann Neues entstehen. (Bild: colourbox)

Die Wiederverwendung von Zement vermeidet riesige Mengen von Treibhausgasen

Zement und die daraus hergestellten Baustoffe wie Beton und Mörtel gehören zu den härtesten Nüssen, die für eine erfolgreiche Klimawende geknackt werden müssen. Gut fünf Prozent des Treibhausgases Kohlendioxid, das weltweit jährlich in die Luft gelangt und das Klima anheizt, stammten aus der Herstellung von Zement. Da alternative Energiequellen anders als beim Verkehr oder der Heizung von Gebäuden dieses Problem nur zu einem geringen Teil lösen, bietet sich Recycling an. Die chemischen Reaktionen für solche Prozesse analysieren einige Gruppen wie die um Daniel Jansen vom Lehrstuhl Mineralogie im GeoZentrum Nordbayern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) mit Hilfe der Röntgenbeugung.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung haben also triftige Gründe, diese Untersuchungen zu fördern und auch mit einem hochmodernen Röntgen-Diffraktometer ein neues Großgerät zu finanzieren. Lassen sich damit doch die Prozesse gut beobachten, die Zementabfälle aus Bauschutt zu neuen Baustoffen recyceln. In dieser Disziplin aber gehört der FAU-Lehrstuhl Mineralogie zur Weltspitze – und nutzt diese Position, um eine zentrale Stellschraube der Klimawende zu erforschen. Liefern Zement, Beton, Mörtel und Co. doch die künstlichen Steine, aus der die moderne Welt des 21. Jahrhunderts mit Gebäuden, Staudämmen, Brücken und vielen anderen Bauwerken errichtet wird. Nach Wasser ist Zement damit die am häufigsten genutzte Substanz auf der Erde. Genau das aber schafft eines der am schwersten zu lösenden Klimaprobleme.

Grundstoff für die weltweite Zement-Industrie ist Kalk. Dieses Mineral wiederum besteht aus den versteinerten Überresten sehr vieler Organismen aus längst vergangenen Zeiten. Genau wie heutige Algen und grüne Pflanze haben diese Lebewesen damals Kohlendioxid oder eine im Wasser daraus entstandene Verbindung als Calciumkarbonat in ihre Zellwände eingebaut. In vielen Jahrtausenden und oft sogar Jahrmillionen wurde aus diesen toten Organismen Kalk, aus dem die Zementhersteller Branntkalk brennen. Dabei wird das Kohlendioxid wieder freigesetzt, aus dem die Organismen vor Urzeiten ihre Zellwände aufbauten. Rund zwei Drittel der Treibhausgas-Emissionen der Zementherstellung stammen aus dieser Reaktion – und lassen sich daher kaum vermeiden, wenn man Zement, Beton und Mörtel nutzen will.

Es sei dann, man verwendet ausgediente Baustoffe wieder, was heutzutage kaum geschieht. „Genau das wollen wir mit unserer Forschung ändern“, erklärt Daniel Jansen. Dabei nutzen die FAU-Gruppen am GeoZentrum Nordbayern einen raffinierten Trick und recyceln das bei der Zementproduktion freiwerdende Kohlendioxid. Dieses kann man in Wasser einleiten, in dem der im Bauschutt enthaltene Zement zermahlen wird. Dessen Hauptbestandteil ist Calciumoxid, das mit Kohlendioxid reagiert und dabei wieder zu Kalk wird, aus dem einst der Branntkalk gewonnen wurde. Schlägt man dieses Material dem Zement zu, spart man sowohl neu produzierten Zement als auch Kohlendioxid-Emissionen.

In der Praxis sind diese Prozesse deutlich komplizierter, weil sich weitere im Zement enthaltene Bestandteile ebenfalls daran beteiligen. So reagiert das im Zement enthaltene Silikat mit Wasser und Calcium und bildet schließlich eine Calcium-Silikat-Phase, die dem Baustoff mehr Festigkeit gibt. Genau die braucht ein künstlicher Stein ja auch. Wie sich diese Bestandteile im alten Zement auflösen und später wieder bilden, beobachten die FAU-Gruppen am Lehrstuhl Mineralogie mit Hilfe der Röntgenbeugung. Das neue Großgerät wird solche Analysen daher erheblich verbessern.

Einen Haken gibt es beim Recyceln aber doch: Der so erhaltene Zement lässt sich schlechter verarbeiten. Dieses Problem soll in einer engen Kooperation mit der Technischen Universität München gelöst werden. Obendrein arbeitet die FAU-Gruppe um Daniel Jansen nicht nur an den Grundlagen, um die Klimabilanz bei der Zementherstellung deutlich zu verbessern, sondern sichert auch die Versorgung des Landes und Europas mit einem derzeit kaum zu ersetzenden Baustoff: Die Grundzutaten für einen guten Zement wie Kalk- und Silikat-Gestein gibt es in Deutschland und in Europa reichlich. Diese kritischen Rohstoffe müssen daher nicht importiert werden, sondern können hierzulande gewonnen und später auch recycelt werden.

Weitere Informationen:

Dr. Daniel Jansen
Lehrstuhl für Mineralogie
daniel.jansen@fau.de