Wer überlebt den Klimawandel?

Die Muschelgattung Myophoria – hier zwei versteinerte Exemplare aus den Fossilsammlungen des Museums für Naturkunde – starb am Ende der Triaszeit während einer ausgeprägten globalen Klimaerwärmung aus. (Bild: Carola Radke, MfN)
Die Muschelgattung Myophoria – hier zwei versteinerte Exemplare aus den Fossilsammlungen des Museums für Naturkunde – starb am Ende der Triaszeit während einer ausgeprägten globalen Klimaerwärmung aus. (Bild: Carola Radke, MfN)

Forschende haben Massenaussterben mit rascher globaler Erwärmung in der Erdgeschichte untersucht

Forschende vom Museum für Naturkunde Berlin und vom GeoZentrum Nordbayern (GZN) der FAU haben Aussterbeereignisse mit rascher globaler Erwärmung in den letzten 300 Millionen Jahren untersucht. Sie fanden heraus, dass Arten aus warmen und kalten Gewässern bei globaler Erwärmung mit hoher Wahrscheinlichkeit aussterben werden, während Arten in gemäßigten Gewässern überleben.

„Aus der Erdvergangenheit überlieferte Fossilien sind der einzige direkte Beweis dafür, welche Arten bei einer raschen globalen Erwärmung am stärksten vom Aussterben bedroht sind, sagt Hauptautor Dr. Carl Reddin, Museum für Naturkunde Berlin und Gastwissenschaftler am GZN. “Ein Vorteil der Arbeit mit fossilen Aufzeichnungen ist, dass wir den Einfluss der globalen Erwärmung ohne all die anderen Auswirkungen des Menschen, wie Überfischung und Verschmutzung, sehen können“, erklärt Mitautor Martin Aberhan vom Museum für Naturkunde Berlin. „Das zeigt die Relevanz von Forschungssammlungen für aktuelle und zukünftige Vorhersagen.“

Carl Reddin und Martin Aberhan vom Museum für Naturkunde Berlin sowie Forschende der der FAU, Dr. Adam Kocsis und Nussaibah Raja Schoob, haben die gemeinsamen geografischen Muster des Aussterbens bei sieben Ereignissen mit rascher globaler Erwärmung in den letzten 300 Millionen Jahren untersucht. Das bekannteste davon war das nahezu apokalyptische Massenaussterben am Ende des Perms. Die Autorinnen und Autoren verglichen die Aussterbemuster dieser Ereignisse mit den üblichen Aussterbemustern um herauszufinden, wie die Lebewesen auf die globale Erwärmung reagierten. Das Ergebnis: Arten aus warmen und kalten Gewässern werden bei globaler Erwärmung mit hoher Wahrscheinlichkeit aussterben, während Arten in gemäßigten Gewässern überleben.

Um herauszufinden, woran das liegen könnte, simulierten die Forschenden eine kugelförmige Erde mit einem natürlichen Temperaturgefälle von den Tropen zu den Polen. Es ergaben sich zwei ozeanische Bereiche, in denen die Arten ihren Lebensraum bei den von ihnen bevorzugten Temperaturen besonders drastisch verloren: in den Tropen, wo die Fläche von geeigneten Habitaten stark zusammenschrumpfte, und an den Polen, wo der Lebensraum komplett verschwand. Die Ähnlichkeit zwischen den simulierten und den fossilen Mustern war verblüffend. Die meisten Arten gehen zwar in den artenreichen warmen Gewässern der Tropen verloren, aber die Kaltwasserarten sind am stärksten vom Aussterben bedroht, da die anhaltende Erwärmung ihren Lebensraum vernichtet.

Wo lebten die Tiere damals?

Die Forschenden fanden den einstigen Lebensraum der Tiere heraus, indem sie Modelle der Plattentektonik verwendeten. Diese berücksichtigen, wie sich die Kontinente in der Vergangenheit bewegten und wie Ozeane im Laufe der Zeit wuchsen oder verschwanden. Mithilfe von Daten aus Paläoklima-Modellen schätzten die Forschenden dann die Meerwassertemperaturen an den Orten ab, an denen die Tiere einst lebten. Auf diese Weise konnten sie beispielsweise zwischen Tieren, die einst kalte Gewässer bevorzugten, und solchen, die warme Gewässer bevorzugten, unterscheiden.

Andere Forschungsteams hatten bereits mehrere Zeitabschnitte in der Erdgeschichte als schnelle globale Erwärmungsereignisse identifiziert: die Massenaussterben am Ende des Perm und der Trias, das weniger bekannte karnische Pluvialereignis, drei Phasen während der Jura- und der Kreidezeit und das thermische Maximum an der Paläozän-Eozän-Grenze vor etwa 55 Millionen Jahren. In Verbindung mit den Zeitpunkten, an denen die Tiere ausstarben, konnten die Forschenden schließlich die Aussterbemuster im Zusammenhang mit den Temperaturpräferenzen der Arten während dieser heißen Phasen untersuchen und die Muster mit Zeiten ohne globale Erwärmung vergleichen.

Veröffentlicht in: Carl J. Reddin, Martin Aberhan, Nussaibah B. Raja & Ádám T. Kocsis 2022. Global warming generates predictable extinctions of warm- and cold-water marine benthic invertebrates via thermal habitat loss. Global Change Biology

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