Mit supraleitenden Qubits auf dem Weg zum Quantencomputer

Portrait von Prof. Dr. Michael J. Hartmann
Prof. Dr. Michael J. Hartmann vom Lehrstuhl für Theoretische Physik an der FAU. (Bild: FAU/Georg Pöhlein)

FAU an bundesweitem Verbundprojekt beteiligt

Der Bau eines zukunftsweisenden Quantenprozessors basierend auf supraleitenden Qubits mit neuartigen Eigenschaften: Das ist das erklärte Ziel, das ein neues Verbundprojekt innerhalb von vier Jahren erreichen und an einem Prototyp demonstriert will – die FAU ist einer der bundesweiten Projektpartner aus Forschung und Industrie. Forscherinnen und Forscher um Prof. Dr. Michael Hartmann, Lehrstuhl für Theoretische Physik, widmen sich dabei der Entwicklung von Kopplungsschaltkreisen und Qubits sowie von Algorithmen für NISQ Quantencomputer. Gefördert wird das Vorhaben „German Quantum Computer based on Superconducting Qubits“ (GeQCoS) vom Bundesforschungsministerium mit insgesamt 14,5 Millionen Euro.

Deutschlands führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf dem Gebiet der supraleitenden Quantenschaltkreise haben sich in diesem Verbundprojekt die Entwicklung innovativer Konzepte für den Bau eines verbesserten Quantenprozessors zum Ziel gesetzt. Basierend auf neuartigen Materialien und Fabrikationsmethoden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), den maßgeschneiderten theoretischen Konzepten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), den optimierten Kontrollmethoden des Forschungszentrum Jülichs (FZJ) und den Entwürfen zu neuen Architekturen mit höherer Konnektivität am Walther-Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (WMI) und an der Technischen Universität München (TUM) soll ein Quantenprozessor mit verbesserter Qualität realisiert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wird Halbleiterhersteller Infineon skalierbare Fabrikationsprozesse entwickeln, während das Freiburger Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF die Entwicklung von optimierten Chipgehäusen vorantreibt. Der Quantenprozessor soll schließlich am WMI getestet und dessen Leistungsfähigkeit anhand eines eigens entwickelten Quantenalgorithmus gezeigt werden.

Verbesserte Technologie für leistungsfähigeren Quantenrechner

Quantenrechner versprechen, bislang nicht lösbare Problemstellungen effizient lösen zu können. Dazu gehören beispielsweise die Berechnung der Eigenschaften komplexer Moleküle für die Chemie und Pharmaindustrie als auch die Lösung von Optimierungsaufgaben, sei es für Herstellungsprozesse in der Automobilindustrie, oder für Berechnungen aus der Finanzwelt. Schon heute sind Quantenrechner in der Lage, kleine spezifische Problemstellungen zu meistern und die grundlegende Funktionsweise zu zeigen. Das langfristige Ziel, einen sogenannten universellen Quantencomputer zu entwickeln, der wichtige Rechenprobleme exponentiell schneller als ein klassischer Computer berechnet, liegt jedoch noch in der Zukunft. Eine geeignete Architektur zur Berechnung praxisrelevanter Probleme kann nur durch grundlegende Verbesserungen sowohl der Hardware als auch der Software realisiert werden.

Im Rahmen des Verbundprojekts soll ein Quantenprozessorprototyp entwickelt werden, der aus einigen wenigen supraleitenden Qubits mit jedoch grundlegend verbesserten Bauelementen besteht. Bei dieser Technologie werden die grundlegenden Bausteine eines Quantencomputers, die Quantenbits, durch widerstandslos fließende Ströme in supraleitenden Schaltkreisen realisiert. Diese Ströme sind relativ robust gegenüber äußeren Störeinflüssen und können die Quanteneigenschaften über lange Zeiten beibehalten. Zusammen mit zuverlässigen und skalierbaren Fabrikationsmethoden hat sich dadurch eine der führenden Quantentechnologien entwickelt, die erfolgreich zum Bau von ersten Quantenprozessoren eingesetzt wird. Die geplanten Verbesserungen betreffen zum einen die Erhöhung der Konnektivität, die Anzahl an Verbindungen zwischen den einzelnen Qubits, als auch zum anderen Verbesserung der Qualität der Qubits und damit der Möglichkeit schnell und effizient die gewünschten Quantenzustände herstellen zu können.

Keimzelle für die zukünftige Quantencomputerentwicklung

Die entwickelten Technologien werden nicht nur zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen führen, sondern durch eine enge Verknüpfung mit Unternehmen auch das Quantenökosystem in Deutschland und Europa stärken. Ein konkretes Ziel ist es, den entwickelten Quantenprozessor so früh wie möglich sowohl auf der Hardware- als auch auf der Softwareebene innovativen Erstnutzern zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus soll das Vorhaben als Keimzelle der aktuellen Bundesinitiative zum Bau eines Quantencomputers „made in Germany“ dienen. Die Orientierung des Projekts an der Schnittstelle zwischen Ingenieurwissenschaften, der Informatik und der Physik trägt der Interdisziplinarität des Feldes der Quanteninformationsverarbeitung Rechnung und dient der Aus- und Weiterbildung von hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als wichtiger Bestandteil der deutschen Technologielandschaft.

Informationen zum Verbundprojekt GeQCoS:

Zuwendungsgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Förderprogramm Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt

Förderkennzeichen des Teilvorhabens am WMI: 13N15680

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Michael Hartmann
Lehrstuhl für Theoretische Physik
Tel.: 09131/85-28461
michael.j.hartmann@fau.de