Neue Methode entwickelt, um Veränderungen in Ökosystemen zu erkennen
Ökosysteme im Umbruch
Die Erde und die Lebewesen, die sie bewohnen, verändern sich ständig. Aber gibt es eine Möglichkeit, zu erkennen, wann diese Veränderung über das normale Maß hinausgeht? Und welche Folgen haben solche Vorgänge für die betroffenen Lebewesen? Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der FAU hat eine Methode entwickelt, mit der sich solche Ereignisse und damit die Entstehung neuer Ökosysteme nachweisen lassen. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachmagazin Science veröffentlicht.
In Zeiten des Klimawandels werden Umweltveränderungen immer deutlicher erkennbar. Temperaturen steigen, Niederschläge bleiben aus oder gehen verstärkt in Form von Unwettern nieder. Solche Veränderungen wirken sich natürlich auch auf Ökosysteme und die Lebensbedingungen der assoziierten Organismen aus. Wenn die Bedingungen für einzelne Lebewesen in diesen Ökosystemen zu ungünstig werden, wandern diese ab oder sterben sogar aus. Gleichzeitig werden hierdurch neue ökologische Nischen frei und andere Arten können sich ansiedeln oder entstehen. „Das Problem ist zu erkennen, ab welchem Umfang wir von einem neuen Ökosystem sprechen können“, sagt Prof. Wolfgang Kießling vom Lehrstuhl für Paläoumwelt an der FAU. „Nun haben wir eine Methode entwickelt, mit der wir solche Ereignisse vom normalen Hintergrundrauschen abgrenzen können.“
Wann ist ein Ökosystem neu?
Die Wissenschaftler betrachten ein Ökosystem als neu, wenn sehr rasche Veränderungen in der Organismenzusammensetzung zu einem Zustand führen, den es so vorher nicht gab. Wichtig ist hier vor allem die Geschwindigkeit, mit der die Veränderungen ablaufen. Ökosysteme unterliegen nämlich immer einer gewissen Entwicklung. Erst ab einem bestimmten Grenzwert, beispielsweise hervorgerufen durch den menschengemachten Klimawandel, kommt es zu signifikanten Umwälzungen. Diesen Grenzwert können die Forscher nun statistisch exakt bestimmen.
Für die beteiligten Arten ist die Entstehung neuer Ökosysteme riskant
Zeiten gesteigerter Veränderung sind extrem dynamisch und stellen die beteiligten Lebewesen vor besondere Herausforderungen. Wolfgang Kießling und seine Kollegen haben ihre Methode erfolgreich an fossilen Ökosystemen über einen Zeitraum von 66 Millionen Jahren getestet und ihre Erkenntnisse sind alarmierend. Das Aussterberisiko ist nämlich zwei- bis viermal so hoch wie unter normalen Bedingungen. Allerdings gibt es gleichzeitig eine größere Chance, dass neue Arten zuwandern oder entstehen. „Veränderungen in Ökosystemen gab es immer und wird es immer geben“, erklärt Kießling. „Beim Umweltschutz ist es also wichtig, Änderungen nicht generell zu verhindern, sondern sie in eine Richtung zu lenken, die kein erhöhtes Aussterberisiko birgt.“
Weitere Informationen
DOI: 10.1126/science.abb3996
https://science.sciencemag.org/content/370/6513/220
Prof. Dr. Wolfgang Kießling
Tel.: 09131/85-26957
wolfgang.kiessling@fau.de