Wie Helicobacter pylori Magenkrebs auslöst

(A) Gesundes und mit Helicobacter pylori Bakterien infiziertes Epithelzellgewebe (grün), das im menschlichen Magen zerstört wurde. (B) Elektronenmikroskopie von drei vergrößerten Bakterien (hellgrün). Rote Pfeile markieren die hervorstechende „Giftspritze“, wodurch letztendlich Krebs induziert werden kann. (Bilder: A: FAU/Prof. Steffen Backert, Aileen Harrer; B: Prof. Manfred Rohde (HZI, Braunschweig))
(A) Gesundes und mit Helicobacter pylori Bakterien infiziertes Epithelzellgewebe (grün), das im menschlichen Magen zerstört wurde. (B) Elektronenmikroskopie von drei vergrößerten Bakterien (hellgrün). Rote Pfeile markieren die hervorstechende „Giftspritze“, wodurch letztendlich Krebs induziert werden kann. (Bilder: A: FAU/Prof. Steffen Backert, Aileen Harrer; B: Prof. Manfred Rohde (HZI, Braunschweig))

FAU-Wissenschaftler entschlüsseln Mechanismus, der zur Entstehung von Magenerkrankungen durch Bakterien führt

Magenkrebs zählt zu den fünf tödlichsten Krebsarten: Jährlich sterben etwa 750.000 Patienten an dieser Erkrankung, so die Statistik der Weltgesundheitsorganisation WHO. Als Hauptauslöser gilt das Bakterium Helicobacter pylori (H. pylori). Wirkungsvolle Therapien gegen Magenkrebs gibt es derzeit nicht, zunehmende Antibiotikaresistenzen erschweren die Behandlung der Infektion zusätzlich. Forscher der FAU haben nun zwei Mechanismen entschlüsselt, die zur Entstehung von Magenkrebs durch das Bakterium führen. Ihre Erkenntnisse könnten zur Entwicklung von neuen Therapieansätzen beitragen. Die Ergebnisse haben die Wissenschaftler in der renommierten Fachzeitschrift Cell host & microbe (doi: 10.1016/j.chom.2017.09.005) veröffentlicht.

Das Team aus internationalen Wissenschaftlern um Dr. Nicole Tegtmeyer vom Lehrstuhl für Mikrobiologie der FAU hat untersucht, wie die Bakterien die Schutzschicht im Magen zerstören. Diese Schutzschicht besteht aus dicht aneinander liegenden Epithelzellen, die uns vor der Magensäure schützen. Die Forscher haben nun entdeckt, dass die H. pylori-Bakterien ein sekretiertes Enzym, die Protease HtrA, quasi als Waffe verwenden, um diese Schutzschicht zu durchbrechen: HtrA zerschneidet drei Proteine (Occludin, Claudin-8 und E-Cadherin) und erzeugt einen Durchbruch in die Schicht aus Epithelzellen. So gelangen die H. pylori-Bakterien in tiefere, normalerweise keimfreie Gewebeschichten und richten weiteren Schaden an. Damit beginnt die Entstehung von Magenkrebs.

Auf diesen ersten Schritt folgt jedoch ein noch viel gefährlicherer, wie die Wissenschaftler feststellten. Ein nadelartiger Fortsatz, den man als Typ IV-Sekretionssystem bezeichnet, wird anschließend aktiviert und funktioniert hierbei ähnlich einer „molekularen Spritze“: Sie injiziert über einen rezeptorabhängigen Mechanismus einen bakteriellen Giftstoff, das sogenannte CagA-Protein, an der Unterseite der Wirtszellen. Das eingeschleuste CagA wiederum programmiert die Wirtszelle so um, dass Krebs entstehen kann. Darüber hinaus beeinflusst das Protein das menschliche Immunsystem, so dass die Bakterien nicht erkannt und dadurch auch nicht eliminiert werden – ein entscheidender Weg für das dauerhafte Überleben von H. pylori im menschlichen Magen.

Neuer Ansatz für eine Therapie gegen Magenkrebs

Dr. Tegtmeyer geht davon aus, dass diese Befunde wichtige neue Ansatzpunkte für eine anti-bakterielle Therapie aufzeigen, da HtrA und CagA sich hervorragend als neue Wirkstoffziele eignen. Die Arbeitsgruppe hat bereits begonnen, spezifische Hemmstoffe gegen HtrA zu testen. „Wir hoffen, dass entsprechende Wirkstoffe eine Infektion entweder komplett verhindern oder die CagA-Injektion unterbinden“, erläutert Tegtmeyer.

Die Veröffentlichung ist das Resultat einer mehrjährigen Forschungsarbeit mit Prof. Dr. Silja Wessler von der Universität Salzburg und Prof. Dr. Steffen Backert am Lehrstuhl für Mikrobiologie der FAU, die durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Schaltzellen zur Auflösung von Entzündung“ (SFB1181/TPA04 und Z02) und DFG TE 776 3-1 gefördert und in einer Kooperation mit weiteren Arbeitsgruppen aus Deutschland, Italien, Portugal und der Schweiz durchgeführt wurde.

Weitere Informationen:

Dr. Nicole Tegtmeyer
Tel.: 09131/85- 28988
nicole.tegtmeyer@fau.de