Forscher erklären Siegeszug der Geweihkoralle – und ihren Niedergang

Die Geweihkoralle Acropora ist die bei weitem die häufigste und artenreichste Korallengattung und bildet ausgedehnte Korallendickichte, wie hier auf einem Riff in Sulawesi, Indonesien. (Bild: Wolfgang Kießling)
Die Geweihkoralle Acropora ist die bei weitem die häufigste und artenreichste Korallengattung und bildet ausgedehnte Korallendickichte, wie hier auf einem Riff in Sulawesi, Indonesien. (Bild: Wolfgang Kießling)

Opfer ihres eigenen Erfolges

Ein düsteres Bild für die Zukunft  tropischer Korallenriffe zeichnen Experten in einer neuen Studie. Die bei weitem die häufigste und artenreichste Korallengattung, die Geweihkoralle „Acropora“, könnte den Kampf gegen den von Menschen gemachten Klimawandel womöglich verlieren und so das Sterben der unterseeischen Biotope einleiten, sagen die Forscher, zu denen auch Paläobiologe Prof. Dr. Wolfgang Kießling von der FAU gehört. „Damit sind die Korallenriffe Opfer ihres eigenen früheren Erfolges“, sagt Professor Kießling.

Acropora ist besser als andere Korallengattungen in der Lage, natürlichen Umwelteinflüssen zu trotzen. Fährnisse wie Tropenstürme scheinen der robusten Korallengattung sogar zu nützen und ihren ökologischen Erfolg zu begünstigen. Bei starkem Wellengang zum Beispiel brechen die zarten Äste der Geweihkorallen leicht ab. Die Fragmente werden vom Wasser weitergetragen, lagern sich ab – und viele der Bruchstücke knospen und bilden über Jahrzehnte und Jahrhunderte neuen Kolonien. So verbreiten sich Geweihkorallen seit rund 50 Millionen Jahren.

Nach den Analysen von Wolfgang Kießling und seiner Kollegen war Acropora aber bis zum Einsetzen der Eiszeit vor etwa zwei Millionen Jahren immer nur untergeordneter Bestandteil von Korallenriffen. Erst danach konnte sich die Gattung weltweit durchsetzen und veränderte das Aussehen von Korallenriffen dramatisch. Die Ursache hierfür sehen die Wissenschaftler in den massiven Meeresspiegelschwankungen während dieser Periode. „Als es in Zwischeneiszeiten wärmer wurde und das Inlandeis teilweise abschmolz, lagen die Riffe plötzlich so tief unter Wasser, dass sie nicht mehr genügend Licht abbekamen“, meint Kießling. „Nur Acropora wuchs schnell genug der Sonne entgegen“.

Riffe mit Geweihkorallen sind besser

Die Geweihkoralle ist anfällig für die sogenannte Korallenbleiche, die durch die Erwärmung der Meere ausgelöst wird. Folge ist das Absterben der Korallenstöcke. (Bild: Wolfgang Kießling)
Die Geweihkoralle ist anfällig für die sogenannte Korallenbleiche, die durch die Erwärmung der Meere ausgelöst wird. Folge ist das Absterben der Korallenstöcke. (Bild: Wolfgang Kießling)

Bis heute ist ihr rasches Wachstum ein unschlagbarer Vorteil für die Geweihkoralle. Denn die Regel für das Überleben eines Riffs ist simpel: Das Biotop kann nur dauerhaft Bestand haben, wenn die Korallen dort schneller wachsen als sie zerstört werden. Und Zerstörung ist in Riffen allgegenwärtig. Tropenstürme hinterlassen deutliche Spuren, doch noch größere Schäden verursachen andere Lebewesen wie Papageienfische oder Schwämme und Pilze. Der Geweihkoralle gelingt es, das Budget im Plus zu halten und so den perfekten Lebensraum für andere Meeresbewohner zu schaffen. Dort, wo viele Geweihkorallen wachsen, ist die Artenvielfalt deutlich größer.

Zusätzlich fördert ihre verzweigte Gestalt die Verteilung von Wellenenergie und trägt damit zum Küstenschutz bei.

Der Erfolg der Geweihkoralle steht in erschütterndem Gegensatz zu ihren dunklen Zukunftsperspektiven. Acropora ist besonders empfindlich gegenüber Klimaerwärmung und der damit einhergehenden Versauerung der Ozeane, anfällig für Krankheiten und Korallenbleiche sowie bevorzugtes Opfer des räuberischen Dornenkronenseesterns. In der Karibik ist die Geweihkoralle in den letzten Jahrzehnten bereits dramatisch zurückgedrängt worden, mit verheerenden Konsequenzen für die Korallenriffe der Region. Ähnliches ist – nicht zuletzt durch menschlichen Einfluss – bald auch für andere Meeresregionen zu erwarten, prophezeien die Forscher.

DOI: 10.1126/sciadv.1500850

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Wolfgang Kießling
Tel.: 09131/85-26959
wolfgang.kiessling@fau.de